Autor:innen:
Dr. Wolf-Anno Bischoff | Gutachterbüro TerrAquat | Germany
Dr. Frank Liebisch | Agroscope | Switzerland
Dr. Else Bünemann-König | Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) | Switzerland
Andreas Schwarz | Gutachterbüro TerrAquat | Germany
Rainer Hug | Amt für Umwelt des Kantons Solothurn (AfU) | Switzerland
Das Nitratprojekt Niederbipp-Gäu-Olten (Kanton Solothurn) unternimmt seit über 20 Jahren Anstrengungen, die Nitratkonzentrationen unter den Schweizer gesetzlichen Anforderungswert von 25 mg/L in den Förderbrunnen zu reduzieren. Das Forschungsprojekt NitroGäu brachte dafür wesentliche Gründe ans Licht und löste einen politisch geförderten Transformationsprozess aus, der nun in einem kooperativen, datenbasierten Weg mit dem Leitbild „Grundwasserschonende, produktive Landwirtschaft“ umgesetzt wird.
Das Forschungsprojekt zeigte aufgrund der parzellenscharfen Boden-N-Bilanzen vieler Praxisflächen, dass bis dato die N-Bilanzierung unvollständig war, das hohe Nachmineralisierungspotenzial der Böden unberücksichtigt blieb, und zwar die Fruchtfolge, nicht jedoch die Düngung Teil der Maßnahmen zum Grundwasserschutz war. Als Konsequenz wurde nachfolgend das wissenschaftliche Begleitprojekt CriticalN, eine Taskforce aus Behörden, Beratung und Wissenschaft sowie der Prozess zur Neuregelung des Grundwasserschutzes unter Beteiligung aller relevanten Gruppen installiert.
Es soll vorgestellt werden, wie sich aus dieser Grundkonstellation ein vertrauensvoller politischer Prozess und ein breiter Konsens für ein naturwissenschaftlich begründetes, transparentes und sehr gut kontrollierbares Maßnahmenpaket entwickelt hat. Im Zentrum stehen bei diesem Konsens die relative Handlungsfreiheit der Landwirte, die Messbarkeit der Zielerreichung, ein Software-Expertensystem zur landwirtschaftlichen Information und Beratung sowie begleitende Messungen als Service für die Landwirtschaft und Kontrolle für die Behörden.
Über das Projekt hinaus weisen zwei Aspekte, die noch unüblich in der agrarpolitischen Diskussion sind:
Es wird schlagspezifisch, also auf der Aktionsebene der Landwirte, gearbeitet, gemessen, beraten und bilanziert. Dabei wird der Stickstoff massenbilanziert, so dass kein N durch Anrechnungs- und Verlustfaktoren verschwindet. Dies ist nur mit starker Software-Unterstützung möglich.
Die Anreize sollen über Partizipation und erfolgsbasierte Belohnungen statt über Maßnahmenkataloge erfolgen. Damit wird der Anspruch der Gesellschaft auf nachweisbaren Umweltschutz gepaart mit dem der Landwirte, ihre eigene Expertise zur Problemlösung zu nutzen und ergebnisorientiert, aber frei zu handeln.
Der Anspruch, auf informiertes Handeln statt auf behördliche Regelungen zu setzen, ist ambitioniert, ermöglicht aber eben auch viel zielgenauere Lösungen als allgemeine Regeln es vermögen.